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  Die Stickstoff-Frage (Page 1)

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Autor Thema:   Die Stickstoff-Frage
CapitanMorgan
Experienced Board Captain
erstellt am: 04-26-2002 08:36 PM     Sehen Sie sich das Profil von CapitanMorgan an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Hallo liebe Fliegenden...
Nehmen wir mal an, einer der Tiefwassertouries hat es mit der Entsättigung des Körpers nicht geblickt und meint, er müsse am Tag vor dem Heimflug noch ein paar nette, richtig tiefe und lange Tauchgänge machen.

Also steigt diese Person bei Euch ein und noch wisst ihr nicht, was auf Euch zukommt.

Wenn nun dieser Taucher während dem Climb oder -im schlimmsten Falle- noch viel später ein Kribbeln in den Gelenken oder in der Haut verspürt, wird er sicherlich nicht gleich nach den FB's schreien, sondern erst dann, wenn es anfängt weh zu tun.

Meine Frage nun an Euch... Welche Procedure gibt es denn für den Fall einer auftretenden Deko-Krankheit bei einem Pax?

Und jetzt noch die verschärftere Variante:
Wie sieht es denn mit der Procedure aus, wenn aus irgendeinem Grund das Outflow-Valve manual geöffnet werden muss, oder es sonst zu irgendeinem Druckabfall kommt.
Normalerweise ist man selbst bei nicht ganz vollständiger Stickstoffentsättigung des Körpers in einer Druckkabine auf der sicheren Seite (zumindest bis zu einem gewissen Grade, denn zur vollständigen Entsättigung nach einem tauchgangsreichen Urlaub braucht es schon bis zu 78 Stunden, je nach Rechenmodell).
Ein plötzlicher Druckabfall -aus welchem Grund auch immer- bringt doch dann das Blut zum sprudeln, wenn man nicht ganz bis zum Null-Level den Stickstoff ausgeschieden hat. Was dann?

Habt Ihr schon mal Erfahrungen mit (Deko-)Kranken Taucherpaxen gemacht?

Ich würde mich sehr über eure Antworten freuen...
und wenns zu intern ist, geb ich Euch auch meine Mail-Addy.

Also...Happy Landings

Capitan Morgan

Say Again
Experienced Board Captain
erstellt am: 04-27-2002 01:40 PM     Sehen Sie sich das Profil von Say Again an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Hi Morgan,

ich kann Dir leider auch nicht viel weiterhelfen -
von einem Procedure für solche Fälle (mit Taucherpaxen) weiß ich (B737 Hansa) nichts.
Das wird in den 1.Hilfe Kursen nicht behandelt (würden sonst auch etwas umfangreich), d.h. da hilft nur Arzt ausrufen.

Wenn Dich die möglichen Folgen interessieren, sei auch hier mal wieder an die VC verwiesen - Arbeitsgruppe Flugmedizin -
einige Mitglieder dort sind (fliegende) Ärzte.

gruß,

Say Again

Tinpusher
Experienced Board Captain
erstellt am: 04-28-2002 07:04 AM     Sehen Sie sich das Profil von Tinpusher an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Hier meldet sich doch öfter mal "Flying Doc Cologne" zu Wort, der müsste doch Bescheid wissen.

TCASII
Experienced Board Captain
erstellt am: 04-28-2002 07:20 AM     Sehen Sie sich das Profil von TCASII an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Ist der nicht gerade auf Bali?

FlyingDoc-Cologne
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-12-2002 03:25 PM     Sehen Sie sich das Profil von FlyingDoc-Cologne an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Hi, bin back from Bali .... und diesmal zum Glück keine kranken Paxe, lach

Interessante Frage Morgan!

Die Frage der adäquaten notfallmed. Versorgung dieser Patienten wird in der mir zugänglichen Fachliteratur leider nur in der "auf dem Boden Situation" beschrieben und auch nur dort habe ich so einen Fall mal in der Notfallambulanz erlebt. Der Patient bot unspezifische Symptome und hatte allerdings eine entspr. Anamnese (tags zuvor von den Malediven vom Tauchurlaub zurück). Wir haben den damals dann sofort mit nem Hubi sofort zur nächsten Deko-Kammer bringen lassen und die Nummer ging glimpflich aus.

Falls ich den von Dir beschriebenen Fall in der Luft erleben sollte (ich hoffe niemals!), so würde ich - in Ermangelung von Alternativen - eine symptomatische Therapie einleiten bis hin zur cardiopulmonalen Reanimation mit allem, was dazu gehört; da empfiehlt man z.B. im "Manual of Emergency Medicine". Falls man nicht gerade über dem großen Teich fliegt, würde ich sicher auch die Empfehlung einer Zwischenlandung in Ewägung aussprechen, um den Pat. schnellstmöglich besser versorgen zu können (das gilt hier natürlich wie bei allen gravierenden med. Problemen). Und schließlich könnte man ja das Cockpit auch bitten, Kontakt mit dem Flugmed. Dienst der Airline aufzunehmen, evt. könnten die noch Tips geben. Aber ich befürchte, dass ein fulminanter Fall eher schlechte Karten hätte....

Kann leider im Augenblick keine besseren Ideen abgeben. Aber meine Neugierde ist geweckt, ich werde in den nächsten Tagen mal einen Bekannten dazu befragen, der ist Fliegerarzt beim Bund. Falls der ne Idee hat, die mir hierzu nicht eingefallen ist, werde ich sie hier posten. Ansonsten finde ich die obige Anregung zur Nachfrage bei der VC gut und ich denke, dass Taucher grundsätzlich die entspr. Empfehlungen berücksichtigen sollten. In der Karibik hat mir mal ein Lehrer einer Pady-Schule gesagt, dass sie 72 Stunden vor dem Rückflug keine Tauchgänge mehr erlauben würden.

So long

FlyingDoc

Dirk110
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-12-2002 05:42 PM     Sehen Sie sich das Profil von Dirk110 an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Ich habe gelernt, das man lediglich einen Tag vorm Fliegen nicht mehr Tauchen soll (auch PADI). Allerdings habe ich schon lange keinen Tauchgang mehr absolviert- bin also da auch nicht auf dem aktuellen Stand...

Frage an den Doc: würde es bei der Behandlung der Deko (im Flieger) was bringen, bis zur Landung tiefer zu fliegen, um die Auswirkungen zu begrenzen? Bedaure, das ich als PPL´ler sonst nicht weiterhelfen kann...

FlyingDoc-Cologne
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-13-2002 11:29 AM     Sehen Sie sich das Profil von FlyingDoc-Cologne an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Hallo,

ich habe jetzt mal ein wenig nachgelesen und weitere Infos in einem Telefongespräch mit einem Kollegen vom FlugMedDienst der LH eingeholt.

Zunächst einmal interessante Internetadressen zum Thema:
www.medizin-netz.de/icenter/tauchunfall.htm www.flugmedizin.org (SUPERSEITE rund ums Thema Flugmedizin!!!) http://members.vienna.at/nemetz/Notfall.htm

Unter www.flugmedizin.org habe ich ein interessantes WORD-Dokument gefunden: Human Performance Limitations nach JAR-FCL, erstellt vom Büro Flugsicherheit des DAEC.

In diesem Dokument wird zum Fliegen im Airliner (Druckkabine bis 2400 m)wie folgt ausgeführt:

Tauchen bis 10 m: Flugantritt frühestens nach 6 Stunden

Tauchen > 10 m: Flugantritt frühestens nach 12 Stunden

Umfangreichere Tauchgänge (was auch immer das bedeuten soll????): Frühestens nach 36-48 Stunden.

Für meinen Geschmack (ist auch der des LH-Kollegen) sind diese Grenzen aber mit Vorsicht zu sehen; ich würde daher immer eine Mindestgrenze von 24 Stunden empfehlen, die ggf. nach Rücksprache mit PROFESSIONELLEN Tauchlehrern vor Ort nach oben zu verschieben ist.

Zur Frage "Was kann man tun, wenns an Bord im Airliner passiert?" würde ich jetzt folgendes sagen:

1. Maßnahmen durch nichtärztliches Personal

-Arzt ausrufen [und hoffen, dass einer an Bord ist, ]
-Allgemeine Erste Hilfe nach der ABC-Regel, falls erforderlich
-Sauerstoff über Maske
-Lagerung in Linksseitenlage
-Flüssigkeitsgabe von einem Liter Wasser oder Elektrolytdrink innerhalb der ersten Stunde, jedoch nur bei Tauchern mit klarem Bewußtsein und guter Schluckfunktion !!!!.
-Die Maßnahmen der Ersten Hilfe müssen möglichst ohne Unterbrechung bis zum Beginn der ggf. definitiven Druckkammertherapie
fortgesetzt werden.
-Die Gabe von Medikamenten durch Ersthelfer kann nicht empfohlen werden, da neben möglichen positiven Effekten auch
durchaus unerwünschte Wirkungen eintreten können. Darüber hinaus haben viele Medikamente lediglich unterstützenden
Charakter.

2. Maßnahmen durch ärztliches Personal
Wie bereits in meinem ersten Beitrag beschrieben: Symptomatische Therapie bis hin zur CPR. Anmerkung für Kollegen: Überdruckbeatmung mit PEEP ist wegen fehlender Ausrüstung im doctors kit nicht möglich. Zusätzlich auch an Pneu denken und großzügige Indikation zur Drainage stellen (hier müsste dann auch wegen fehlendem Material improvisiert werden, sollte aber für alle chirurgischen/anästhesiologischen Kollegen bzw. Kollegen mit Notfallmed. Erfahrung kein Problem sein).

3. Ergänzende Überlegungen

a. Zwischenlandung
Falls Zwischenlandung in Erwägung gezogen werden muss unbedingt daran denken, dass eine solche Landung nur dann Sinn macht, wenn eine DekoKammer vor Ort bzw. in der Nähe existiert! Nach Rücksprache mit dem LH-Kollegen gilt hier: Vorher über Cockpit abklären lassen, ob eine DekoKammer vorhanden ist und wichtige Infos zum Patienten übermitteln. Nicht vergessen: Nach Tauchbuch fragen bzw. im Handgepäck danach suchen, falls der Pax nicht ansprechbar ist. Ggf. Mitreisende des Patienten befragen! Hier sollten/sind alle Daten zu den Tauchgangen dokumentiert (gilt natürlich leider nicht für Amateurtaucher bzw. Leute, die unprofessionelle Schnupperkurse gemacht haben).

Die Abwägung, ob man im spez. Fall besser weiterfliegt bis zur nächsten geeigneten Destination und ggf. riskiert, dass der Patient bis dahin verstirbt ist sicher sehr komplex und kann nur individuell entschieden werden. Meine Meinung: Bevor ich eine Zwischenlandung irgendwo in der Pampa empfehlen würde, wo keine Dekokammer vorhanden ist, würde ich eher fürs Weiterfliegen plädieren. So schlimm es auch klingen mag: Bei fulminantem Krankheitsbild und/oder fehlender DekoKammer verstirbt der Pax auch auf der Erde, seine Chancen steigen eher durch den Weiterflug zu einem geeigneten Platz. Die Zwischenlandung könnte allenfalls sinvoll sein, wenn das Krankheitsbild nur mild ausgeprägt ist und man sich von einem höheren Umgebungsdruck eine Unterstützung erhofft. Aber auch hier dran denken: Eine Landung macht keinen Sinn, wenn der Platz keine entspr. Elevation hat!

Aber wie gesagt, dass muss jeder Kollege individuell für den Pax und sich entscheiden!!!

b. Flughöhe
Ausgehend von dem Gedanken, dass eine schnelle Landung zwecks Transport in ein geeignetes Zentrum nicht möglich ist, taucht die Frage nach der Flughöhe auf. Aus dem Gespräch mit dem LH-Kollegen ging hervor, dass dies wenig Sinn macht und auch aus anderen Gründen limitiert ist (hierzu können die Airliner im Board sicher noch mehr sagen): Im Flieger herrscht ein Kabinendruck, der ca. 2000 bis 2400 m entspricht (so sagt der Kollege) und tiefer wird man kaum längere Strecken fliegen können
(wegen Spritverbrauch etc.). Folge: Wenn dies so ist, dann kann man auch in der optimalen Reiseflughöhe bleiben.

Fazit:
Zum Glück ist dieser Notfall eher als sehr selten einzustufen. Falls er eintritt, so handelt es sich meist um milde Verläufe, da dramatische Krankheitsbilder sich eher schon vor dem Flug ausbilden. Daher gilt (wie immer bei Notfällen an Bord): Keep cool und improvisiere!

Soviel hierzu von mir, hoffe ich konnte ein wenig Licht ins Dunkel bringen.

Regs aus EDDK

FlyingDoc

CapitanMorgan
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-14-2002 03:19 PM     Sehen Sie sich das Profil von CapitanMorgan an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Hallo Flying-Doc !!!

Erstmal vielen herzlichen Dank, für die Mühe, die Du Dir gemacht hast. Das war ja echt ein super Beitrag von Dir.

In den Links, die Du angegeben hast, habe ich schon ein bißchen gestöbert, und ich werde da bei Gelegenheit noch ein wenig weitersurfen. Echt interessant!

Die Human Performance Limitations nach JAR decken sich ja ungefähr mit den Ausbilungsstandards von PADI. Allerdings ist es bei PADI mit den 6 Stunden ein bißchen zu früh. Generell wird vorgeschrieben immer mindestens 12 Stunden zu warten.

Hier mal ein Auszug aus dem, was man den Anfängern im ersten Kurs beibringt:

"Empfehlungen zum Fliegen und dem Aufsuchen einer größeren Höhe nach dem Tauchen. (Diese Empfehlung dient zur Anpassung bei Höhen von 300 bis 2400 Metern.
Mindestens 12 Stunden vor dem Fliegen/Aufsuchen einer größeren Höhe warten.
Planst Du, über mehrere Tage täglich mehrfach zu tauchen oder erfolgte ein Tauchgang, der einen Notfalldekompressions-Stop erforderte, solltest du eine besondere Vorsichtsmassnahme ergreifen und Deine Wartezeit vor dem Fliegen oder Aufsuchen einer größeren Höhe auf mehr als 24 Stunden verlängern."

Also mit "umfangreicheren Tauchgängen" sind Wiederholungstauchgänge gemeint. Also, das ist immer dann der Fall, wenn man wieder abtaucht ohne vorher vollständig vom Stickstoff entsättigt zu sein.

Nach den PADI-Limitations bist Du dann also immer auf der sicheren Seite. Die Tiefe ist ja auf maximal 40 Meter begrenzt, keine Dekotauchgänge (also immer direkter Aufstieg zur Oberfläche möglich) und sehr konservativ kalkulierte maximale Tauchzeiten.

Nun, jeder Tauchlehrer muss im Ausnahmefall seine Taucher oder Tauchschüler darauf hinweisen, wenn es knapp wird. Man hat ja einen Überblick über seine Leute. Man steht, wenn was passiert, immer mit einem Fuss im Knast. Denn der Tauchlehrer und die Tauchschule tragen ja die Verantwortung für die Kundschaft. Es kam schon sehr sehr oft vor, dass einige Touris nur eine Woche Urlaub hatten und wollten unbedingt so viele Tauchgänge wie möglich abreissen. Am Abend vor der Abreise noch unbedingt die Nachttauchexkursion mitmachen, weil die immer so cool sei. Aber kein vernünftiger Instructor lässt so etwas zu. Die Risiken sind ja bekannt. Und wenn es jemand nicht einsieht, dann muss man Ihm mal erklären, was einen so bei der Caissonkrankheit erwartet. Dann vergeht ganz schnell das Interesse an diesem letzten Tauchgang

Bei einem Schnuppertauchen ist das Ganze nicht so schlimm, da die maximale Tiefe eh auf 6 Meter limitiert ist und sich im Körper in einer halben Stunde bei dieser Tiefe so gut wie gar kein Stickstoff ansammeln kann. Höchstens in den schnell reagierenden Gewebekompartimenten, und die sind ja auch ziemlich schnell wieder entsättigt. Ausserdem macht eigentlich niemand einen Schnupperkurs am letzten Tag. Das gab es noch nie, denn die Leute sind immer am Anfang vom Urlaub auf sowas heiss.

Bei meinen damaligen Kollegen und mir war es so, dass wir uns über Wochen und Monate niemals vollständig entsättigt hatten. In der Hochsaison war ich vier bis fünf Mal im Wasser täglich, davon zwei tiefe Tauchgänge. Mein Computer hatte mir dann schon quasi morgens beim Duschen wieder einen Dekostopp angezeigt
Also haben sich in der ganzen Zeit, vor allem die trägen Gewebekompartimente, sehr mit Stickstoff angereichert. Und wenn einer von den Instructoren mal nach Hause jetten wollte, haben wir über eine halbe Woche gewartet....einfach nur zur Sicherheit...also Zwangs-Büro-Dienst

Hmmmmm, jetzt kommt Fernweh auf, wenn ich das so schreibe. Seit ich in der Fliegerei bin, hab ich kein Divecenter mehr von innen gesehen
Aber fliegen ist dafür noch schöner als Tauchen....was solls

Na, wie gesagt, ich konnte den Leuten also immer was über die Deko-Krankheit erzählen und wie man das Risiko an Ihr zu erkranken gering hält. Aber sehr oft wurde ich gefragt, was denn nun passiert, wenns trotzdem mal zu spät ist und es im Flieger kribbelt.

Vor kurzem hatte ich das Gespräch mit den Kollegen bei meiner Airline und das hat mich motiviert hier mal zu posten und nachzuhaken.

Also es ist auf jeden Fall sehr interessant was Du gepostet hast. Du bist also Medizinmann für Notfälle?
Die Beschreibung von Dir über die medizinische Versorgung des Betroffenen ist echt super. Aber erklärst du mal einem MaschinenInsch was cardiopulmonale Reanimation ist? Was bedeutet denn Überdruckbeatmung mit PEEP?
Das einzige was mir schon bekannt war, sind die Maßnahmen durch nichtärztliches Personal. Das hab ich damals bei meiner TL-Ausbildung schon gelernt (obwohl's schon länger her ist, wusst ich es noch).

Du hast noch was von der Flughöhe geschrieben. Du musst nicht unbedingt mit dem Flieger unter 2400 Meter gehen, um den Druck zu erhöhen. Es kommt immer auf die Maximal Differential Pressure zwischen Kabine und Umgebung an. Je nachdem für welchen Differenzdruck der Vogel zugelassen ist, kann man bei einem Kabineninnendruck von Meereshöhe schon eine Flughöhe von 20000ft erreichen.

Wenn nun ein Spät-Dekokranker an Bord ist, der erst mitten über dem Atlantik Symptome zeigt, dann denke ich mal kann man die optimale Reiseflughöhe verlassen. Je nachdem wie es mit der Spritberechnung aussieht. Man könnte sich dem Druck des Meeresniveaus auf alle Fälle schon mal ein Stück annähern. Im günstigsten Fall könnte man es ja schaffen die restliche Distanz mit 1013hPa in der Kabine bis zum nächstgelegenen Flughafen zurückzulegen.
Klar....und schauen ob dort überhaupt eine Deko-Kammer ist

Also Doc....cooles Posting von Dir und sehr informativ.

Wie gesagt, wir fliegen kein Longrange und bei uns wäre dieses Problem mit der Dekokrankheit schnell mit einer Zwischenlandung gelöst.


Grüße

Capitan Morgan

TCASII
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-14-2002 03:59 PM     Sehen Sie sich das Profil von TCASII an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Hallo,

Super-Antworten. Vielleicht wird eines Tages dadurch mal ein Leben gerettet. Trotzdem mal 'ne echt bescheuerte Frage: Wenn die Symptome nun am Boden auftreten und man irgendwo in der Pampa keine Deko-Kammer hat, könnte man dann nicht jemand mit der Caisson'schen Druckfallkrankheit in einen leeren Flieger packen und diesen unter Druck setzen? Wäre natürlich nicht gerade billig! Was meinst Du, Flying-Doc, würde der maximale Differenzdruck von ca. 0,4bar etwas bringen, entspräche immerhin 4m Tauchtiefe!

Viele Grüsse,

TCASII

CapitanMorgan
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-14-2002 04:59 PM     Sehen Sie sich das Profil von CapitanMorgan an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Hallo TCAS II ...

Erstmal vorweg: Es gibt keine bescheuerten Fragen !!!

Ich kann Dir das zwar nicht aus medizinischer Sicht so gut beantworten wie FlyingDoc, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass das auf keinen Fall ausreicht.
Ziel der Rekompressionsbehandlung ist es ja, den Patienten auf den Druck der ursprünglichen Tauchtiefe zurück zu bringen. Ein paar Bar sind das auf jeden Fall.
Wenn einmal die Symptome der Druckfallkrankheit auftreten ist es mit diesen 0,4 Bar bei weitem nicht getan.

Aber normalerweise dürfte dieser Fall nicht auftreten, wenn ein Tauchgang professionell geplant ist. Gegenstand der Planung eines Tauchgangs ist, für alle Notfälle vorgesorgt zu haben. Und koste es, was es wolle.
Zu der Planung gehört auch die Organisation einer eventuellen Druckkammerbehandlung. Wenn Du unbedingt in einem sehr entlegenen Gebiet tauchen willst, dann wird das schwierig, aber nicht unmöglich.

Ich hatte einmal mit Freunden in einem sehr entlegenen Gebiet in getaucht. Es wäre aber möglich gewesen, dass das dortige Militär eine Behandlung gemacht hätte.

Man hätte dann nur für den Helitransport und die Behandlung aufkommen müssen, aber innerhalb einer Flugstunde, wärst du in der Kammer drin gewesen.

Das wäre sicher sehr sehr teuer geworden, aber immer noch besser als tot zu sein, oder bleibende Schäden zu haben.

Wenn man sich aber an alle Tauchvorschriften hält, dann ist das Risko sehr gering....fast Null. Aber wie gesagt nicht ausgeschlossen.

Einfach für den Fall dass....vorher planen was tun wenn

Grüße

Capitan Morgan

FlyingDoc-Cologne
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-14-2002 05:41 PM     Sehen Sie sich das Profil von FlyingDoc-Cologne an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Hi Captain und TCAS!

Das ist ja wirklich eine gute Diskussion hier - schöne Abwechslung von den leider allzuoft grenzwertigen "Wortgefechten" in pilots.de !!!

TCAS, Deine Idee mit dem leeren Flieger klingt auf den ersten Blick ganz gut; ich schliesse mich jedoch dem Captain an...fürchte, dass bringt nix.

Captain, zu Deinen Fragen:
CPR=Cardio Pulmonary Resuscitation = Herz-Lungen-Wiederbelebung

PEEP = Positiv Endexpiratory Pressure. Spezielle Form der Beatmung, bei der der Druck in den Atemwegen nach der Ausatmung auf (vereinfacht gesagt) höherem Niveau gehalten wird. Bei den Beatmungsgeräten in der Klinik (z.B. auf Intensivstationen) kann man den gewünschten PEEP-Wert direkt am Gerät einstellen.

In der sog. präklinischen Notfallmedizin (also z.B: im Rettungswagen oder auch im Airliner, *lach) steht einem in der Regel nicht so eine "Beatmungsmaschine" zur Verfügung, sondern nur ein Beatmungsbeutel. Um hier mit PEEP beatmen zu können, steckt man ein sog. PEEP-Ventil auf den Beutel. Aber dieses Ventil ist im doctors-kit leider nicht drin.....hätte ich bei einem Pax mit Lungenödem schon mal brauchen können...

Noch ein Zusatz: Bei Paxen mit der Druckabfallkrankheit wäre eine hochprozentige O2-Beatmung sinnvoll, aber auch die ist mit den Beuteln leider nicht möglich, man kann nur mit einem Gemisch aus Raumluft und dem O2 aus der Flasche beatmen (hierbei wird die Flasche über einen Schlauch an den Beatmungsbeutel angeschlossen).

Notfälle an Bord sind und bleiben eine "spannende" Angelegenheit, für Pax, Arzt und Crew und sind nach meiner Erfahrung gar nicht so selten. Falls es Euch interessiert, hier mal eine kleine Liste von meinen Erlebnissen aus den letzten vier Jahren (ich scheine das Unglück anzuziehen, aber zum Glück hatte ich noch nie nen med. Notfall, wenn ich als "PPL-Fuzzie" selbst "PIC" war):

- Herzinfarkt 1x
- Lungenödem 2x
- Herzinsuffizienz 2x
- Tiefe Beinvenenthrombose 1x
- Analabszess 1x (inkl. kleinem chir. Eingriff auf der Bordtoilette; da hat mir ein FB assistiert, das war ne Wahnsinnsnummer, *lach)
- Kollabierte FB 1x
- Übel dehydrierte alte Patienten (4x)

Das ist schon spassig, wenn die Infusionen in der Kabine baumeln....aber zum Glück sind die notwendigsten Sachen ja im doctors-kit enthalten, wenn auch aus meiner Sicht wichtige Dinge fehlen (Heparin, elastische Binden, potentes Analgetikum und Narkotikum). Habe darüber schon öfter mal mit Airlineärzten gesprochen; die stimmen prinzipiell zu, aber es gibt aus deren Sicht versch. Gründe, die gegen eine weitere Ausstattung der kits sprechen.

Noch Fragen/Anregungen? Ich antworte gerne - es geht doch nix über einen interdisziplinären Informationsaustausch!

Regs aus Kölle von

FlyingDoc und seiner Lieblingsschubse (die hier auch interessiert mitliest)

FlyingDoc-Cologne
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-14-2002 05:47 PM     Sehen Sie sich das Profil von FlyingDoc-Cologne an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Achja, kleiner "Nachtragsgag": Hiermit beantrage ich, den offiziellen Titel

"pilots.de-Forumarzt für allgemeine med. Fragen"

ab sofort im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit unendgeltlich und ohne Rücksicht auf den Versichertenstatus der Frager führen zu dürfen!

Das wäre ziemlich gut mit meinem abgelegten "ewigen Armutsgelübde" zu vereinbaren *LACH !!!

Grüße nochmal

FD


TCASII
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-15-2002 03:43 AM     Sehen Sie sich das Profil von TCASII an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Dr.med. Dr.pilots.de Dr.LH Flying-Doc! Ich lach mich ins Koma!!! Get three for the price of one!

Danke für die Antworten und viele Grüsse!

TCASII

Fibe
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-15-2002 08:11 AM     Sehen Sie sich das Profil von Fibe an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Also ganz ehrlich ich bin froh einmal darüber was zu erfahren

ich bin selbst schon langelange taucher und war schon beinahe überall ;-)

super thema super antworten

was ich hier aber nebenbei sagen muß

PADI ist meiner meinung in sachen medizin und erste hilfe bei tauchunfällen zu oberflächlich

ich habe selbst den tauchschein nach CMAS gemacht und muß immer nur den kopf schütteln wenn freunde einen tauchschein nach PADI machen und mir erzählen was sie da alles "lernen" müssen

genau das problem mit den tauchgängen, wiederholungstauchgänge und entsprechende nullzeiten

nullzeit --> die zeit die man max. in einer bestimmten tiefe verweilen darf um ohne deko (dekompressions) stopp aufzusteigen

die ausbildung nach CMAS behandelt notfälle und speziell die rechnungen von derartigen tauchgängen sehr genau auch die wartezeiten für flüge usw.

somit kann ich jedem nur anraten den tauchschein nach CMAS zu machen

CapitanMorgan
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-27-2002 02:31 PM     Sehen Sie sich das Profil von CapitanMorgan an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Hallo Flying-Doc !

Sorry für meine lange Sendepause!
Hat ein wenig länger gedauert, weil ich auf Tour war. Ich hoffe, dass aber diese Diskussion hier nicht hängen bleibt

Erstmal Danke für Deine Nachhilfe. Jetzt habe ich, denke ich mal, alle Fachbegriffe verstanden. Sag mal, wie oft bist Du denn in den letzten Jahren geflogen? Scheinst mir ja wirklich ein Unglücksmagnet zu sein
Ich weiss zwar nicht genau was ein Analabszess ist, aber ich kann mir das mit der Notschlachtung auf der Lavatory richtig gut vorstellen. Dass das eine Wahnsinnsnummer war, glaub ich Dir direkt
Bei Dir würde es sich dann ja fast lohnen, dass Dich Dein Carrier auf Deinen Flügen gleich als Bordmediziner einstellt...die wissen doch bestimmt schon, dass immer was passiert, wenn Du im Flieger bist

Sag mal...ich kenn das mit der Thrombose nur von der Prophylaxe nach meiner letzten OP. Wie merkt man denn so eine tiefe Beinvenenthrombose? Ich dachte immer, man merkt das erst, wenn sich der Blutpfropfen auf Wanderschaft begibt und etwas schlimmeres passiert.

Das mit den übel Dehydrierten scheint es ja also öfter zu geben. - Um nochmal zum Tauchen zurückzukommen; Dehydration ist ja auch ein sehr entscheidender Faktor für das Risiko einer Deko-Krankheit.
Vor allem kann man das den Tauchers im Urlaub ja gar nicht oft genug sagen. Abends saufen bis zum Umfallen, am nächsten Morgen noch ein paar Tassen Kaffee "um fit zu werden" und dann ab in die Tiefe. - Dekokrankheit vorprogrammiert!

So, aber auf alle Fälle darfst Du den Titel "Medizinmann des grossen Forums" mit Ehren tragen

Grüße

Capitan Morgan

CapitanMorgan
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-27-2002 02:41 PM     Sehen Sie sich das Profil von CapitanMorgan an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
@ Fibe

Ich tue es eigentlich nicht gerne - diskutieren wer besser ist, CMAS oder PADI. Hinter beiden Verbänden steckt eine vollkommen andere Philosophie.
CMAS gibt halt gleich von Anfang an richtig Gas im Lehrplan. PADI nennt es (am Anfang zumindest) "Recreational Diving". Es steht halt bei PADI erstmal der Spaß im Vordergrund und wird mit zunehmendem Ausbildungsstand exponentiell schwerer.
Ab dem Beginn der professionellen Ausbildungsphase sind beide Verbände (und viele andere auch) dann doch relativ gleich. Nicht umsonst sind ab einem bestimmten Level Crossovers zu anderen Verbänden problemlos möglich.

Es gibt ihn also nicht - DEN besseren Verband. Es kommt immer drauf an, was jeder einzelne will.

Lass uns lieber beim Fliegen bleiben, sonst müssen wir alle Piloten hier noch zu Tauchern machen

Grüße

Capitan Morgan

FlyingDoc-Cologne
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-27-2002 04:52 PM     Sehen Sie sich das Profil von FlyingDoc-Cologne an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Hallo Captain,

schön, Dich wieder hier zu "sehen".

Jaja, ich fliege auch als Pax recht viel (Job und als PAD) und ziehe das Unglück wohl an

Zum Glück war unser Urlaubsrückflug aus Bali ohne events, da konnte ich mich in schönen, breiten Sitzen räkeln und musste nicht an die "Front".

So, nun mache ich Dich jetzt mal zum Thromboseprofi ehrenhalber; ich versuche mal, die Laien-basics allgemeinverständlich klarzumachen; auf gehts:

Definition
Als Thrombose bezeichnet man einen vollständigen oder partiellen Verschluß von Arterien (die lassen wir nachfolgend mal weg) oder Venen sowie Herzhöhlen (auch denen schenken wir keine weitere Aufmerksamkeit) durch ein intravasal (also "im Gefäß") gebildetes Gerinnsel aus Thrombozytenaggregaten (vornehmer Medizinerausdruck für "Klumpen von Blutplättchen") und Fibrin (ist ein Stoff, der was mit der Blutgerinnung zu tun hat).

Grobe Einteilung der venösen Thrombosen

Man unterscheidet nach der Lokalisation oberflächliche und tiefe Venenthrombosen (TVT oder DVT "Deep Venous Thrombosis")

A. Oberflächliche Venenthrombose

- Lokalisation
Sie finden sich überwiegend an den oberflächlichen Venen der unteren Extremitäten (also den Beinen).

- Ursachen
... sind übergreifende lokale Entzündungen bzw. eine Gerinnselbildung bei bestehender primärer oder sekundärer Venenklappeninsuffizienz (übersetzt: die Venenklappen, die den venösen Blutstrom in Richtung Herz unterstützen, arbeiten nicht mehr so richtig, das führt auch zu den berühmten Krampfadern).

- Symptome
Tastbarer derber, bisweilen geröteter und schmerzhafter Venenstrang. Manchmal besteht noch eine leichte Schwellung in Verbindung mit einer Überwärmung.

- Therapie
Je nach Ausprägung kommen (ggf. natürlich in Kombination) in Frage: Kühlung, Kompressionsverband, entzündunghemmende Medikamente (durch Doc), evt. auch milder Gerinnungshemmer vom Doc, bestimmte Salben.

B. Tiefe Venenthrombose

- Lokalisation
Etwa 90% aller TVT (sog. Phlebothrombose) manifestieren sich an den unteren Extremitäten einschl. des Beckenbereichs. Nach Sektionsstatistiken ist die TVT in 60% der Ausgangspunkt von Lungenembolien, die häufig (bis zu 25% je nach Quelle aber auch mehr) tödlich sind.

- Einige Ursachen bzw. begünstigende Faktoren

Mangel von AT III (körpereigene Substanz, die der Gerinnung entgegen wirkt)

Einnahme von Kontrazeptiva ("Pille"). Hier kommt auch das sog. "Ecco-Class-Syndrom" ins Spiel (bes. Pille plus Bewegungsmangel).

Perioperative Einflüsse (also Faktoren, die im Rahmen von OP's entstehen können, würden hier zu weit führen), bes. bei Schwerstverletzten.

Postpartal (Thrombose bei der Mutter nach der Entbindung)

Als Begleiterkrankung bei verschiedenen bösartigen (Tumor-) Erkrankungen, sog. "paraneoplastisches Syndrom")

Lokale Kompression oder Infiltration der Beckenvenen durch Tumore, Metastasen an Lymphknoten etc.

Thrombose / Embolie in der Vorgeschichte des Patienten bzw. naher Angehöriger

- Verlauf und Symptome
Kann schleichend oder auch akut auftreten. Die Beschwerden können insbesondere bei schleichendem Verlauf und Lokalisation im Becken oder Unterschenkelbereich gering sein. Dies erklärt, dass viele Thrombosen zunächst "stumm" verlaufen; bisweilen ist die Lungenarterienembolie als wichtigste akute Komplikation das erste Zeichen.

Eine chronische Folgeerscheinung der TVT ist das sog. "postthrombotische Syndrom" (also ein Krankheitsgeschehen nach einer Thrombose).

Bei einer klinisch manifesten TVT (also eine, die Symptome macht) finden sich folgende Symptome (die je nach Ausprägung der Thrombose auch in Kombination und natürlich unterschiedlicher Stärke vorliegen, die Lungenembolie als ggf. erstes Symptom lassen wir mal weg und schauen uns die der unteren Extremitäten an):

Schwellung des Beines

Schwere- und Spannungsgefühl im Bein

Hautverfärbung (von ziemlich hell bis blau-rot, je nach Stadium)

Schmerzen, bes. in der Wade bei Bewegung

Druckschmerz Oberschenkelinnenseite/Wade/Fußsohle

Dehnungsschmerz (Schmerz entsteht bei starker Streckung bzw. Anziehen des Fußes)

Schmerzen, wenn eine Blutdruckmanschette (vorsichtig und langsam!!!!) über der Wade aufgepumpt wird, schon bei geringem Druck

Angaben aus der Anamnese (z.B. vor kurzem ne OP, schon früher mal ne Thrombose...)

- Diagnostik
Die oben genannten Symptome erlauben meist schon einen ziemlich sicheren Verdacht bzw. eine ziemlich sichere Diagnose. Wird natürlich um versch. apparative Verfahren ergänzt bzw. sichergestellt, auf die wir hier nicht näher eingehen müssen (mir müssen ja einige Geheimnisse noch bleiben...*lach).

- Prophylaxe
Hier besonders für "Ecco-class-syndrom" (Riskoprofil: Große, ältere und übergewichtige Menschen und Frauen, die die Pille nehmen plus Flug mehr als 5 Stunden als grober Anhaltswert.)

Falls erforderlich, Abklärung des individuellen Riskos und der Maßnahmen durch Hausarzt.

Nicht dhydriert im Flieger erscheinen!

Als vorbeigende Maßnahme Stütz- oder Kompressionsstrümpfe

Nicht rauchen, kein Kaffee oder Alkohol.

Viel trinken (am besten Wasser, bei langen Flügen mindestens. 2 Liter zusätzlich)

Während des Fluges Durchblutung der Beine anregen (z.B. Umherlaufen, jede Stunde ca. 20 mal pro Bein sog. "Wadenpumpe" betätigen, indem man die Füße abwechselnd streckt und hochzieht)

Keine beengende Kleidung

Unter Medizinern unterschiedlich diskutiert, aber viele machen es bei ihren Angehörigen dennoch (ich z.B. auch bei meiner Freundin, wenn wir als Paxe sehr lange Flüge machen): Vor dem Flug ne klitzekleine Spritze in die Unterhaut ("subkutan") mit einem spez. Medikament (z.B. Clexane).

Und naürlich: NICHT ECCO FLIEGEN

- Therapie
Je nach Ausprägung konservativ und/oder operativ. Verschiedene Möglichkeiten und Notwendigkeiten zur teilweise lebenslangen Nachbehandlung. Entscheidend ist die frühzeitige und vollständige Entfernung der Thromben, um eine Lungenembolie und andere (Spät-) Folgen zu vermeiden.

Tja, was könnt Ihr an Bord machen, wenns nen Paxe trifft und kein Doc an Bord ist (außer beten und lächeln natürlich?

Leider nicht so viel, denke ich, aber immerhin:

Beengende Hosen etc. ausziehen [der Pax natürlich! ]

Beine leicht erhöht lagern, ggf. weich polstern wg. Schmerzen. Der Pax. muss liegen! Also ggf. ne Reihe freimachen!

Auf jeden Fall das Bein NICHT wickeln! Wenn man das nicht richtig kann, macht man nur noch mehr Ärger! Dazu kommt, dass in den doctors-kits meist keine elastischen Binden sind, die man aber dafür braucht. Auf keinen Fall mit Mullbinden wickeln!!!!! Die schnüren ab und sind somit gefährlich! (das erwähne ich, weil ich mal zu so einem Pax im hinteren Fliegerabschnitt gerufen wurde. Da war eine sehr unerfahrene Kollegin seit Stunden mit einer Thrombosepatientin zugange und hat das Bein tatsächlich mit Mullbinden gewickelt. Als sie dann hörte, dass vorne ein Chirurg sitzt, lies sie mich dazurufen weil ihr die Sache langsam Sorgen machte....die Mullis waren dann ruckzuck weg vom Bein...)

Mit Schmerzmitteln wäre ich an Eurer Stelle extrem zurückhaltend, dafür gibt es m.E. versch. Gründe, auf die ich hier jetzt nicht mehr näher eingehe.

Bei deutlichem Beschwerdebild: Hier besteht echte Gefahr, Companydoc anrufen und Tips holen, Zwischenlandung auf jeden Fall in Erwägung ziehen, wenn möglich!

Tip am Rande: Falls ein Doc an Bord ist und dem Patienten eine Spritze in einen Muskel geben will (sog. intramuskuläre Injektion, z.B. in den Po) und Ihr das mitbekommt:

Bitte bitte freundlich, aber deutlich daruaf hinweisen, dass man soetwas doch bei Notfallpatienten nicht machen soll. Das ist grundsätzlich so, gilt aber bei Patienten mit TVT BESONDERS (aus versch. Gründen, die würden hier zu weit führen). Ihr tut damit dem Patienten einen großen Gefallen. Macht der Doc das trotzdem, hat der Patient evt. Pech und der Doc ist ein Riesendepp.

Ansonsten gelten natürlich die Maßnahmen, die in Euren first-aid-Manuals beschrieben sind. Also cool bleiben, lesen und besonnen handeln [Checklisten lesen könnte Ihr und die FB's ja.... ]

So, jetzt kannst Du Dich bald zum med. Staatsexamen anmelden. Hoffe, dass es einigermaßen verständlich war und freue mich auf weiteren Austausch hier. Ist ja ein prima thread hier, der noch nicht von der "speziellen Meute" entdeckt wurde - sollte das den freundlichen Umgangston und das Niveau erklären?

Viele Grüße für heute aus EDDK sendet

FlyingDoc

TCASII
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-27-2002 08:46 PM     Sehen Sie sich das Profil von TCASII an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Flying-Doc, Du bist einfach grosse Klasse!

In halbgöttlicher Ehrfurcht,

TCASII

CapitanMorgan
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-28-2002 04:42 PM     Sehen Sie sich das Profil von CapitanMorgan an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Hallo Flying-Doc!

Na ich muss jetzt wohl den Gebetsteppich vor Dir auspacken
Dankeschön für Deine super Antwort....

Jetzt weiss ich Bescheid über die Thrombose...bin ja nur froh, dass meine Flieger sowas mal nicht in den Öl- und Hydraulikleitungen bekommen
Aber das mit dem Staatsexamen lass ich mal lieber bleiben....ich verarzte lieber meine grossen Blechvögel....die schreien wenigstens nicht

Hehehe...den Spruch hättest Du in dem anderen Thread ja mal diesem "Chrissis" drücken können - von wegen nicht mehr Y-Class fliegen zur Vorbeugung
Einmal in der C-Class Blut geleckt und Du willst nix anderes mehr. Auf Kurzstrecke ist es ja egal, aber wenn ich von Leuten höre, dass die mit der HLF bis in die DomRep geflogen sind...ojeee

Eigentlich frage ich mich ja auch, warum hier unser Umgangston so anders ist.....und warum sich hier noch niemand hin verirrt hat.
Echt, also manchmal muss ich grübeln, was so manche Spezialisten hier mit ihrem Posting bezwecken. Ich würd da gerne mal einen Psychologen fragen....vor allem der Thread mit den beliebtesten Hotels. Anfangs wars ja nett zu lesen, aber ich dachte nie, dass ich mich mal so aufregen könnte....eine einzige Person versaut den ganzen Thread...

Aber egal....hauptsache hier bleibt es ruhig und wir können vernünftig weiter posten. So ein interdisziplinärer Gedankenaustausch ist ja sehr interessant.
Vielleicht kann ich Dir ja auch mal weiterhelfen, wenn Du was über die Medizin der grossen Blechdinger wissen willst

Viele Grüße nach Kölle

Capitan Morgan


P.S.: Capitan mit I vor dem TAN

FlyingDoc-Cologne
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-28-2002 05:59 PM     Sehen Sie sich das Profil von FlyingDoc-Cologne an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Hallo Männer,

danke für die Blumen! Aber macht doch wirklich Spass, sich zwischen den versch. Gebieten auszutauschen....

Das niemand diesen thread hier bisher entdeckt hat, liegt evt. an dem genialen Kodewort "Die Stickstoff-Frage" - ob alle denken, dass das ein Superspezialthema ist?
Aber ist schon irgendwie komisch; egal, so bleibt das hier unsere "private Spezialspielwiese...". Mich wundert nur, dass people wie LFT etc. nicht dennoch auch hier ihren Senf ablassen, die können ja schließlich sonst zu allen Themen was beinöhlen

Tja, dann sag ich mal: Bis zur nächsten Runde! Und wenn Ihr mal was zu den kleinen Blechkisten der E-Klasse was wissen wollt...haha, nein war nur ein Scherz, ich als kleiner PPL-Fuzzi verneige natürlich mein Haupt vor den "Großen", das gehört sich so....*lach

In diesem Sinne: Gute Nacht und bis bald!

FlyingDoc

FlyingDoc-Cologne
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-28-2002 06:03 PM     Sehen Sie sich das Profil von FlyingDoc-Cologne an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Achja, kleiner Nachtrag: Ich habe mal einem Kumpel (Psychologe, Analytischer Therapeut und Coach für Manager bei Topfirmen) die Beiträge verschiedene Pappnasen im Forum gezeigt; das Ergebnis war vernichtend. Er hat wirklich den Kopf geschüttelt und gesagt: "Hoffentlich dürfen die nie ins Cockpit bzw. man sollte die sofort grounden."

Zu den von ihm gestellten Diagnosen will ich mich hier nicht mehr äussern, das habe ich damals mal ins Forum gestellt - war dann ganz schnell gelöscht....hahaha

Alle Macht den Normalen!

FD

nabla
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-29-2002 01:26 AM     Sehen Sie sich das Profil von nabla an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Dann habe ich auch mal eine Frage in dieser kompetent-freundlichen-cyber-Sprechstunde :

Was sagtst Du als Mediziner eigentlich zur Frage der Strahlenbelastung für das fliegende Personal?

Nach meinen bisherigen Recherchen gibt es ja doch seeeehr geteilte Meinungen dazu, die z.B. von Herrn Lebuser von der VC auf der einen Seite oder den Arbeitgebern auf der anderen Seite verkörpert werden. Das Problem für mich liegt nur darin, daß im Grunde jeder weiß, "daß da was ist" aber keiner so genau sagen kann, wie groß der Einfluss ist. Und wenn man dann so Threads wie vor kurzem bei "Int. Pilots" liest ("(..)Familienplanung vor L/R abschließen(..)"), kommen einem doch so ein paar Fragen auf...

[Diese Nachricht wurde von nabla am 05-29-2002 editiert.]

Radar Contact
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-29-2002 04:14 AM     Sehen Sie sich das Profil von Radar Contact an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
@nabla: Daß sich die Flugbetriebe aber mit Zähnen und Klauen dagegen wehren, Dosimeter auch nur zu statistischen Zwecken dem Personal mitzugeben macht doch nachdenklich, oder?

@flying doc: Großartige Erklärung! Schon mal daran gedacht, ein "medizinisches Handbuch für fliegendes Personal" herauszugeben?
Ernsthaft! Gerade allgemeine Tipps (arghl, diese neue Rechtschreibung sieht so falsch aus) wie der mit den (blätter, scroll) intramuskulären Injektionen sind im Ernstfall bestimmt Gold wert. Obwohl ich ja allgemein doch Vertrauen in die Fähigkeiten Deiner Zunft habe.
Aber solche Hinweise stehen halt sonst nirgends, und wie soll man das als medizinischer Laie auch wissen?
Zum Thema Thrombosen und Doc´s Kit noch eine Laienfrage: Auch wenn Schmerzmittel eigentlich nicht gegeben werden sollen (die Gründe würden mich hier doch einmal interessieren, liegts an der mangelnden Diagnosemöglichkeit danach, z.B. "wirkt meine Therapie eigentlich"?), soll z.B. Aspirin gut gegen Blutverdickung sein, oder? Würde das helfen?

TCASII
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-29-2002 05:22 AM     Sehen Sie sich das Profil von TCASII an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Das mit dem medizinischen Handbuch ist eine gute Idee. Aber bevor unser Flying-Doc so ein Buch schreibt, sollte man eine kleine Konkurrenz-Analyse durchführen. Habe gerade mal kurz recherchiert. Es gibt zumindest ein Buch zum Thema Flugmedizin, das grob in diese Richtung geht. Es enthält zumindest auch Hinweise auf medizinische Notfallmaßnahmen.

http://www.bol.de/is-bin/INTERSHOP.enfinity/eCS/Store/de/-/EUR/BOL_DisplayProductInformation-Secondary;sid=X5MffbwTee0ffYDnxODcOs4nM_FYCaGhdHU=?BOL_OWNER_ID=168572166&Section=BOOK& sec_Page=Annotation

Boh, Äy! Konkret-krasser Mega-Link!

TCASII

nabla
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-29-2002 08:42 AM     Sehen Sie sich das Profil von nabla an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
@TCASII: ...aber der letzte Teil des Mega-Links ist nicht ganz akzeptiert worden vom Board...

CapitanMorgan
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-29-2002 11:49 AM     Sehen Sie sich das Profil von CapitanMorgan an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Grüß Dich, NABLA !!!

Die Strahlenbelastung hat ja nicht viel mit Stickstoff zu tun, aber was solls

Ich hab mal ein paar alte Scripte durchgewälzt und vielleicht kann ich Dir ja damit helfen...

Es geht hier also um die natürliche Strahlenbelastung, der man ausgesetzt ist. Diese natürliche Strahlenbelastung setzt sich aus der kosmischen und der terrestrischen Strahlung zusammen. Mit zunehmender Höhe nimmt die terrestrische Strahlung ab und die kosmische Strahlung hingegen zu.
Die mittlere jährliche natürliche Strahlenbelastung auf Grund der kosmischen Strahlung (Weltraum, Sonne) beträgt in Meereshöhe 0,3 mSv (= Millisievert) pro Jahr. Die gesamte Strahlenbelastung aus kosmischer und terrestrischer Strahlung beträgt im Mittel auf Meereshöhe 2,4 mSv pro Jahr.
In einer Höhe von 10000 m beträgt die mittlere Strahlenbelastung aufgrund der kosmischen Strahlung pro Jahr ca. 44 mSv, das sind 0,005 mSv pro Stunde (= 5 µSv/h). In einer Höhe von 12000 m steigt sie auf etwa 52 mSv pro Jahr, also 0,006 mSv proStunde (= 6 µSv/h).
Weiterhin musst Du beachten, dass diese Werte unter anderem von dem beflogenen Breitengrad und ganz besonders von der Sonnenaktivität abhängig sind. Die Strahlenbelastung ist am Äquator am geringsten und steigt mit zunehmender geografischer Breite, etwa bis zum 60. Breitengrad an, um dann in etwa konstant zu bleiben. Die Strahlenbelastung ist dabei am Äquator etwa 2-3 mal geringer als ab dem 60. Breitengrad.
Bei sehr starken Sonnenaktivitäten, die normalerweise relativ selten auftreten, kann die kosmische Strahlung auch um ein Vielfaches ansteigen. Zurzeit haben wir aber etwas Glück. Denn die verstärkte Sonnenstrahlung, die wir zur Zeit haben, emittiert zwar ein Vielfaches mehr an Strahlung, aber durch das zur Zeit herrschende Maximum an Sonnenflecken (wie alle 12 Jahre) schirmen deren Magnetfelder die Strahlung ab. So dürfte die Strahlungsdosis im Moment etwas geringer sein. Aber egal, wir bleiben einfach mal beim Mittelwert.

Unterscheiden wir mal drei Personengruppen und rechnen das aus :
1.) Der „normale“ Urlauber. Er kommt in der Regel nicht über 50 reine Flugstunden (keine Blocktime!, reine Airtime)
2.) Den Vielflieger nehmen wir mit 240 h Airtime an, also 10 Tage
3.) Das fliegende Personal (je nach Arbeitsvertrag und Airline) mit 80 h Airtime pro Monat ergibt dann rund 40 Tage in der Luft.
Wenn man das nun für diese drei Gruppen bei Flügen in einer Breite nördlicher als 60° Nord und in einer Flughöhe von 12000 m ausrechnet ,ergibt das eine zusätzliche kosmische Strahlenbelastung Belastung von:

URLAUBER:
(52mSv * 2 Tage) / 365 Tage = 0,29 mSv

VIELFLIEGER
(52mSv * 10 Tage) / 365 Tage = 1,4 mSv

CREWs :
(52mSv * 40 Tage) / 365 Tage = 5,7 mSv

Die Crews müssen somit unter den genannten Bedingungen mit einer zusätzlichen jährlichen kosmischen Strahlenbelastung von 5,7 mSv rechnen.
Diese Strahlenbelastung muss natürlich zu der Belastung „on ground“ dazu gerechnet werden, denn um die kommt niemand von uns herum
Diese zusätzliche Strahlenbelastung beim Fliegen entspricht einigen Röntgenaufnahmen der Lunge oder in etwa einer CT-Untersuchung und bedeutet daher ein kaum erhöhtes Risiko für die Entstehung von Krebs oder Leukämie. Andere Schädigungen sind dagegen auszuschließen.
Über alle Bundesbürger gemittelt, erfährt jeder von uns im Schnitt 2,026mSv zusätzlich pro Jahr durch medizinische Strahlenbelastung.

Wie gesagt, anhand der reinen Werte, die man berechnen kann, finde ich, dass das alles halb so wild ist mit der Strahlenbelastung und viel zu viel Wind darum gemacht wird.
Überleg nur mal, wie der Grenzwert für Mitarbeiter in einem Kernenergiekraftwerk ist. Dort ist als maximale jährliche Belastung 20mSv (!!!) vorgeschrieben. Ich finde, da braucht man sich also als Vielflieger oder Crewmember wirklich keine grossen Sorgen zu machen.
Das Dosimeter kann man sich also getrost sparen, denn gegenüber dem der KKW-Mitarbeiter wird es dem Dosimeter bei den Flightcrews wohl ziemlich langweilig

Die einzige Gruppe von Personen die sich wirklich Sorgen über das Thema machen sollte, sind Schwangere. Das ungeborene Leben vor allem während der Organbildungsphase ist ganz besonders strahlensensibel und daher sind spätere Missbildungen nicht gänzlich auszuschließen. Da aber bei einer Schwangerschaft alle Fluglinien ihr Personal während dieser Zeit grounden besteht hier, denke ich mal, kein Anlass zur Besorgnis.

Leider habe ich (noch) nichts gefunden über die Strahlenbelastung die im berühmten Anno 1986 auf uns eingehämmert hat.
Würde mich mal interessieren wie hoch der Betrag in mSV war und was wir in Alemania davon abbekommen haben. Wenn ich es rausgefunden habe poste ich das dann noch.


Ich hoffe, ich konnte Dir ein wenig die Zweifel nehmen


Grüße

Capitan Morgan


P.S.: Wenn man unbedingt noch ein paar mSV sammeln möchte, dann kann man ja getrost auf leckere Pilzkost aus freier Wildbahn zugreifen
Das ist wesentlich mehr als beim Fliegen

[Diese Nachricht wurde von CapitanMorgan am 05-29-2002 editiert.]

nabla
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-29-2002 12:36 PM     Sehen Sie sich das Profil von nabla an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
@El Capitan: Vielen Dank für Deine Bemühungen und das fleißige Geschreibe - aber im Grunde sind das so weit die Facts, die ich auch kenne ( http://homepages.hs-bremen.de/~discus/pages/syt.html ).

Das Problem, was ich an der Sache habe ist, daß ich irgendwie dem nicht so wirklich traue. Die Zahlen sollten das ganze eigentlich als mehr oder minder unbedenklich gelten lassen - so, wie es ja auch die Airlines sehen. Auf der anderen Seite, hat Herr Lebuser eine ganze Reihe kritischer Artikel für die VC darüber verfaßt (z.B. http://www.vcockpit.de/magazinaktuell.php?artikel=108 ), die das ganze schon etwas anders sehen. Da Herr Lebuser für die VC schreibt, "muß" er natürlich das ganze anders als die Arbeitgeber sehen, sprich: Die Wahrheit wird wohl irgendwo in der Mitte liegen, wobei es ja auch noch viele offene Fragen gibt (Einfluß der Zusammensetzung der Strahlung etc.). Und das ist im Grunde der Punkt, der mich interessiert, ob es da aus dem Bereich der Medizin Neuigkeiten gibt, die vielleicht in bestimmte Richtungen deuten.

Aber wie gesagt, trotzdem Dir vielen Dank für Deine Mühe...

KleinDummi
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-29-2002 05:04 PM     Sehen Sie sich das Profil von KleinDummi an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Hier mal ein Link wo man sich online die jeweils anfallende Belastung ausrechnen kann. Dabei sind auch die auftretenden Sonnenaktivitäten berücksichtigt.

Ein Kleiner Dummi

All Green
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-30-2002 01:24 AM     Sehen Sie sich das Profil von All Green an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
@ CaptainMorgan:
Die Belastung für Crews ist keinesfalls unerheblich - wir sind jetzt auch endlich als strahlenexponiertes Personal anerkannt (großer Dank an die Arbeitsgruppe Strahlenbelastung der VC).

Siehe folgende Seite: http://www.vcockpit.de/pressearchiv.php?artikel=69


Die Arbeitsgruppe Strahlenbelastung der VC hat eine eigene homepage: http://www.designit.de/

Ich mache mir als Pilot durchaus Gedanken zu dem Thema (und hoffe, daß es Angestelle von Kernkraftwerken auch tun!)

CapitanMorgan
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-30-2002 10:47 AM     Sehen Sie sich das Profil von CapitanMorgan an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
@All Green

Servus!


....dass die Crews nun als strahlungexponierte Berufsgruppe zählen und dann noch mit einem erheblich niedrigeren Grenzwert als bisher von mir angenommen, finde ich gut. (Ich dachte das gäbe es schon länger, dass jede Airline die Strahlungsexposition ihrer Crews berechnen und nachweisen muss.)
Damit wäre das ja amtlich und Deine Airline muss nun dafür sorgen, dass Du nicht über die 8,3 mSv/j kommst.
Nicht dass Du mich falsch verstehst, ich wollte Euch Piloten ja nicht unterstellen, dass ihr KEINER Belastung ausgesetzt seid. Ich finde halt nur, dass in Relation zu den KKW-Workers Ihr -zumindest ein wenig- besser bedient seid. Aber nur rein von den Grenzwerten. Denn die Leute in einem Kraftwerk rennen ja auch nicht den ganzen Tag in der Nähe des Primärkreislaufes rum. Der Rest lässt sich im Gegensatz zum Flugzeug ja sehr gut abschirmen.

Fällt mir gerade ein.... überleg mal dieser Krikaliov, der fast 14 Monate auf der MIR war. Da läufts mir eiskalt den Rücken runter....


Also...viele Grüße

Capitan Morgan

CapitanMorgan
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-30-2002 10:51 AM     Sehen Sie sich das Profil von CapitanMorgan an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
@ KleinDummi

Hey!!! Cooler Link !!! DANKESCHÖÖÖÖÖN!!!

FlyingDoc-Cologne
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-30-2002 03:54 PM     Sehen Sie sich das Profil von FlyingDoc-Cologne an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Hallo @all,

bezüglich der Strahlenbelastungsfrage und möglicher Risiken werde ich mal eine Recherche in einer med. Datenbank starten, wenn ich Zeit dazu habe. Meines Wissens soll es da mal Studien gegeben haben, die ein erhöhtes Brustkrebsrisiko bei Frauen ergeben haben....mal sehen. In jedem Fall gibt es aber eine Studie, die Chromosomenveränderungen bei langjährig fliegendem Personal gezeigt haben. Inwieweit das aber einen krankmachenden Wert hat, konnte in dieser Studie nicht gezeigt werden. Leider habe ich diese Studie vor längerer Zeit mal gelesen und kenne die Quelle nicht mehr. In jedem Fall finde ich es ein wenig bedenklich, wenn die Airlines für ihr Personal nicht entspr. Plaketten besorgen, die man regelm. auswerten kann. Die Dinger sind klitzeklein und können unauffällig unter der Jacke getragen werden, naja....ist wohl zu teuer und beunruhigt das Personal..und ggf. die Airlines

Zu der Idee mit dem Buch: Danke, dass man mir das zutraut!

Das Buch von Bachmann habe ich im Regal; Physiologie des Fliegens wird ganz gut beschrieben, aber ist für Profis relativ flach, insbesondere der emergency Teil...

Heute kommt meine Liebste vom Trip zurück, ich werde sie mal bitten, mir das first aid manual der LH zu zeigen. Hab da schon viel von gehört und bin mal gespannt...falls ich da Ungereimtheiten entdecke, poste ich die hier mal unter dem Siegel der Verschwiegenheit....

Zum Aspirin:

Der Wirkstoff ist die "Acetysalicylsäure (ASS)". Das Zeug ist geeignet zur Hemmung der sog. Thrombocytenaggregation und somit zur Langzeitprophylaxe thromembolischer (Re-) Erkrankungen, z.B. nach Infarkt oder auch als Vorbeugung gegen Infarkt. In den USA mampfen wahrscheinlich Millionen das Zeug täglich, auch in unserem Lande steigen die Zahlen, ist aber nicht ohne Gefahr! Also nicht machen ohne den Doc zu Hause zu fragen!

Was die Therapie nach einer TVT (den Begriff kennt Ihr ja schon, Ihr Experten oder auch Herzinfarkt angeht, da nimmt man in der Regel potentere Substanzen. Es kommene auch Kombinationen in Frage (z.B. erst was hochpotentes für ein paar Monate und dann langfristig ein ASS-Präparat.

Warum ich abraten würde, ASS an Bord nem Pax mit TVT zu geben? Ganz einfach: Im akuten Fall bringts nix, denn...

ASS eignet sich nur zur Verhinderung des weiteren Wachstums des Thrombus, aber da könnt Ihr keinen entspr. Wirkstoffspiegel mit Tabletten (sog. orale Anwendung)erreichen und Infusionen solltet Ihr doch besser nicht anlegen. Falls Doc an Bord plus ASS in Ampullenform im doctors kit, kann man das anwenden.

Aber das dickste Argument gegen ASS oral durch Euch und das gilt eigentlich auch, wenn ein Pax "nur" z.B. Kopfschmerzen hat:

Das sog. "Aspirin-Asthma" wird in 10-15% (!)aller Patienten beobachtet, die unter Asthma bronchiale leiden. Innerhalb von 15-60 Minuten nach Einnahme von ASS kommt es zu einem Astham bronchiale Anfall, der es ggf. echt in sich hat. Das kann in seltenen Fällen sogar voll daneben gehen. Ich habe mal fast eine Patientin verloren, der eine Nurse in der Klinik ASS gegeben hat. Sie hat nicht nach Asthma gefragt und Pat. hat nix davon gesagt, weil sie das Problem auch nicht kannte. Ich hatte Nachtdienst und wurde dann notfallmässig auch die Station gerufen. Habe dann mit nem Kollegen fast 2 Stunden auf der Intesivstation wiederbelebt, hat zum Glück für Pat. und Schwester geklappt, das war nicht komisch.

Und die Moral von der Geschichte?

Kein Medikament ist immer harmlos!

Wenn FB ASS an Pax. abgibt unbedingt nach Asthma und Magengeschwüren fragen (ASS kann da auch Probleme machen)!

Aber noch besser (jaja, ich weiß, in der Praxis mag das schwierig sein, aber es geht auch um die Sicherheit der FB's, denke ich):

Kein ASS verteilen!

Ich habe da auch mit meiner Freundin drüber geredet, die machts garnicht mehr. Muß halt P1 oder P2 das Zeug geben

Als Alternative kann man eher Paracetamol abgeben.

P.S: Im Rahmen eines first aid refresher Kurses hat meine Freundin mal gefragt, ob die Abgabe von ASS völlig unbedenklich sei. Antwort. "JA" .......da kann ich nur den Kopf schütteln und hoffen, dass das nicht alle Docs beim Training bei Airlines so erzählen.

Schönen Abend noch und Grüße!

FlyingDoc

Sollten wir den thread nicht mal umbenennen in z.B. "Die-Stickstoff-Thrombose-Embolie-Notfall-Strahlung-Gib-kein-Aspirin-und-ruf-denDoc-Frage"?

nabla
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-30-2002 07:02 PM     Sehen Sie sich das Profil von nabla an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Das Thema Aspirin hatten wir gerade heute im FirstAidCourse (LH) und da wurde genau dieser Punkt angesprochen, daß Aspirin durchaus Nebenwirkungen haben kann...!

CapitanMorgan
Experienced Board Captain
erstellt am: 05-31-2002 04:52 PM     Sehen Sie sich das Profil von CapitanMorgan an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Hi Flying-Doc !!!

Von Dir kann man ja echt was lernen.... Hut ab vor Deinen qualifizierten Postings....
Ich packe wirklich gleich den Gebetsteppich vor Dir aus.

Ich finde auch, dass wir langsam den Thread in "Die-Stickstoff-Thrombose-Embolie-Notfall-Strahlung-Gib-kein-Aspirin-und-ruf-den-Doc-Frage" umbenennen sollten.
Mittlerweile sind wir ja sowas von "Off-Topic" das gibts ja gar nicht
... aber egal...es beschwert sich ja niemand...und ich finde es mit jedem Posting immer interessanter hier

Grüße

Capitan Morgan

Radar Contact
Experienced Board Captain
erstellt am: 06-01-2002 06:46 AM     Sehen Sie sich das Profil von Radar Contact an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Vielleicht wäre eine neue Kategorie angebracht: Frag Onkel Flying Doc:
Na Tristar, wie wärs?

Daß ASS nur langfristig wirkt, wußte ich z.B. noch nicht. Wieder was dazugelernt.
Daß die Airlines eine Heidenangst davor haben, Dosimeter an ihre Crews zu verteilen, kann ich aber nachvollziehen. Man müßte ja dann, für den Fall längerer erhöhter onnenaktivität, möglicherweise schon ab November Personal für den Rest des Jahres vorhalten! *Autsch*

KleinDummi
Experienced Board Captain
erstellt am: 06-03-2002 03:19 PM     Sehen Sie sich das Profil von KleinDummi an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Wer sich noch mehr zur Strahlenbelastung des fliegenden Personals durchlesen will sollte mal unter http://www.stud.fh-hannover.de/~schrewe/ nachschauen.

[Diese Nachricht wurde von KleinDummi am 06-03-2002 editiert.]

FlyingDoc-Cologne
Experienced Board Captain
erstellt am: 06-11-2002 05:40 PM     Sehen Sie sich das Profil von FlyingDoc-Cologne an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
FD sendet mal einfach nen Gruß an alle Stickstoff-Fans!

CapitanMorgan
Experienced Board Captain
erstellt am: 06-20-2002 01:13 PM     Sehen Sie sich das Profil von CapitanMorgan an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Ich schliesse mich dem Gruss an die Stickstoff-Fans an

Nicht dass dieser Thread noch in Vergessenheit gerät...

@Flying-Doc

Ist jetzt zwar Off-Topic, aber das macht ja nichts. Sag mal, kann man sich dem Treffen im Juli noch anschliessen???

Häppi Ländings

Capitan Morgan

FlyingDoc-Cologne
Experienced Board Captain
erstellt am: 06-20-2002 01:20 PM     Sehen Sie sich das Profil von FlyingDoc-Cologne an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Hi Captain!

Na klar, alle sind willkommen!

Freue mich auf das meeting!

FD

CapitanMorgan
Experienced Board Captain
erstellt am: 06-20-2002 01:54 PM     Sehen Sie sich das Profil von CapitanMorgan an!     Editieren oder löschen Sie diesen Beitrag! Reply w/Quote
Cool !!!

Ich freue mich auch schon, obwohl ich ja hier noch nicht so viele kenne. Aber das kann ja noch werden.

Weisst Du schon wieviele Leute ungefähr kommen???

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