Autor
|
Thema: TUIfly hat 40 Piloten zu viel
|
D-OSSI Experienced Board Captain
|
erstellt am: 02-28-2010 11:10 AM
1. Man muss nicht von vorn anfangen, da man sich in normalen Zeiten entsprechend seines Standes bewirbt. Bsp. bewirbt man sich als CPT auf 737 in der Firma xy. In wirtschaftlich schlechten Zeiten geht das aber nun mal nicht und dann ist es nun einmal PECH, wie im wahren Leben. Wenn jemand heute bei Opel nach 20 Jahren entlassen wird, hat er Glück, wenn er überhaupt irgendwo einen Job erhält. In der gleichen Gehaltsstufe wird er mit Sicherheit nicht eingestellt. So ist das nun mal im Kapitalismus - Gute Zeiten, schlechte Zeiten - oder hat in den guten Zeiten ein HLF (nur als Bsp,) Skipper in den Solidaritätsfond für arme Regionalcopiloten eingezahlt? Das System kann einem gefallen, oder nicht. Fakt ist, so ist es nun aber mal. |
Orion Experienced Board Captain
|
erstellt am: 02-28-2010 12:52 PM
Ich kann die Standpunkte der Gegner oder Kritiker von Firmensenioritäten schon verstehen. Schade finde ich auch beim bestehenden Zustand, dass sich erfahrene Piloten z.B. nach Konkurs ihres Unternehmens woanders wieder ganz hinten anstellen müssen, denn sie haben ihre missliche Lage ja nicht selbst herbeigeführt. Und dass man im Rahmen der beruflichen Freizügigkeit wohl kaum mal etwas anderes ausprobieren kann, ohne radikale Zugeständnisse machen zu müssen, ist ebenso frustrierend. Ich sehe aber erhebliche Schwierigkeiten bei der Umsetzung einer Branchenseniorität: Wie sollte eine solche Seniorität festgesetzt werden? Datum des ATPL-Erwerbs? Anzahl der Flugstunden? Anzahl der Landungen? Kurz-, Mittel- und Langstreckenstunden faktorisieren? Das ließe sich ja eventuell noch irgendwie regeln. Aber selbst wenn die Arbeitnehmerseite damit noch einverstanden wäre, so würde aber die Arbeitgeberseite dies in der Praxis unterlaufen: Erfahrene externe Piloten würden gar nicht erst einstellt werden, da sie ja auch entsprechend in das Gehaltsschema integriert werden müssten. Ein Pilot mit höherer Erfahrung würde niemals eingestellt werden, wenn gleichzeitig ein Pilot mit weniger Erfahrung zur Verfügung stünde. Im Ergebnis wäre das für erfahrene Piloten sogar schlechter, als sich hinten einzureihen, da sie nämlich gar nicht erst eingestellt werden würden. Nur wenn eine Firma unerwartet stark expandieren würde und den erhöhten Kapitänsbedarf nicht aus ihren eigenen Reihen decken könnte, bliebe ihr nichts anderes übrig, als externe Kapitäne einzustellen, aber vorzugsweise nur die mit möglich geringer Branchenseniorität. Die Kapitäne mit hoher Seniorität würden dagegen in die Röhre gucken. Sinngemäß würde das auch für F/Os zutreffen. Um das Prinzip einer Branchenseniorität zu realisieren, müssten also unausweichlich auch völlig neue Gehaltsschemata eingeführt werden (z.B. hätten die Firmen jeweils nur ein F/O-Einheits-Grundgehalt und ein CPT-Einheits-Grundgehalt), denn mit den üblichen an die Firmenseniorität gebundenen Gehaltsschemata würde eine Branchenseniorität nicht funktionieren. Aber eine solche Umstellung wäre wiederum nicht mit der Arbeitnehmerseite zu machen. Somit sehe ich realistisch keine Alternative zum bestehenden Senioritätsprinzip, obschon ich dieses beamtenhafte Schema noch nie sonderlich sympathisch fand. |
arschplattsitzer Experienced Board Captain
|
erstellt am: 02-28-2010 01:19 PM
@D-OSSI: ...Pech gehabt, so ist es nun mal... Eine billige Antwort! Ich kann nicht über´s Wasser laufen- dann bleibe ich eben an Land... Mit der Einstellung wäre nie ein schiff gebaut worden. Kannst Du Dich nicht in die Lage der Kollegen hineinversetzen oder willst Du das nicht? Sei doch mal kreativ! Vielleicht gibt es vernünftige Lösungen! Bist Du so sicher in deinem Job? Ich meine, man muss sich der Situation anpassen und nach neuen Wegen suchen! |
Dash Experienced Board Captain
|
erstellt am: 02-28-2010 01:49 PM
Eine Branchenseniorität ist wohl etwas was kaum Umsetzbar ist. Eine Senioritätsliste hat Vor und Nachteile, je nach dem wo man gerade steht, sinnvoll ist sie in jedem Fall, ohne hat man mehr Freiheiten aber u.U. auch mehr Nachteile, denn der Nasenfaktor wird einfach größer.Anstatt für oder gegen die Sen. Liste zu diskutieren, würde ich eher die kriterien einer solchen hinterfragen. So ist doch in fast allen Airlines lediglich das Einstellungsdatum ausschlaggebend, wodurch ein Neuling mit 500h früher CPT wird als eine schon erfahrener FO mit 4000h on Type, nur weil der andere eben eine Woche früher angefangen hat. Eine Eingliederung in die Sen. Liste gemäß Einstellungsdatum, Flugstunden und Stunden on Type nach einem sinnvollen Schlüssel würde deutlich mehr Sinn machen.
|
UIII Experienced Board Captain
|
erstellt am: 02-28-2010 03:19 PM
Wie wärs´, wir bilden mehr Kapitäne aus? In allen Betrieben. Alle mit Right Seat Qualification. Upgrade ab 3000h. Dann fliegen eben öfter Cpt. mit Cpt. Ich fliege ab und zu auch Rechts. Das wäre für m.E. auf den meisten Mustern auch kein Problem, sowohl Links, als auch rechts zu fliegen. Nach meinem Upgrade hatte ich Probleme, mich im eigenen Cockpit zurechtzufinden, weil ich es jahrelang nur von rechts kannte. Dann hatte ich das Problem irgendwann andersrum. Wenn ich jetzt regelmäßig wechsle, merke ich keinen Unterschied mehr. Es gäbe weniger Upgrade-stau, weniger "Hackordnung", mehr sozialen Frieden, mehr Flexibiltät, daraus folgend auch etwas weniger Personal, langfristig. Die Personalkosten wären gleich. Aber es wäre auch leichter, den Arbeitgeber zu wechseln. Co´s fliegen rechts, Cpt. rechts und links. Es gäbe auch ein flacheres Hierarchiegefälle in den Cockpits. Das klassische Bild vom Unterschied zwischen dem "Piloten" und dem "Copiloten" verliert dadurch an Farbe. Das hat Vor-,aber auch Nachteile. Es schadet einem Cpt. nicht, das Cockpit öfter mal von rechts zu sehen und zu fliegen. Die Frage ist nur, ob es gewollt wäre. Man müsste ja wieder mal alte Zöpfe abschneiden. Eine Diskussion darüber könnte aber interessant sein. |
Orion Experienced Board Captain
|
erstellt am: 02-28-2010 10:45 PM
@Dash und UIIIIch kann Eure Überlegungen nachvollziehen, sehe aber Probleme in der praktischen Umsetzung, wenn gleichzeitig nicht auch die klassischen auf Seniorität basierenden Vergütungssysteme geändert werden. Bei unserem bestehenden Arbeitsmarkt mit einem deutlichen Pilotenüberhang würden die Arbeitgeber aus Kostengründen keine sehr erfahrenen Piloten einstellen, wenn gleichzeitig Piloten mit weniger Erfahrung verfügbar wären.
|
carlosair Experienced Board Captain
|
erstellt am: 02-28-2010 11:44 PM
... ich denke, wir brauchen jetzt und hier das Senioritätsprinzip nicht mehr neu erfinden. Im Bereich der Forschung arbeitet man mit Hochdruck an der Reduzierung der erforderlichen Cockpit Crew Member. Es wird von Seiten der Wissenschaft mit einem Zeithorizont von ca. 30 Jahren entweder ein komplett führerloses Cockpit bzw. eines angestrebt, was nur noch einen Systemüberwacher vorzieht. Es gibt bereits sehr intensive Bemühungen in diese Richtung. Wenn wir also in Zukunft nur noch allein vorne sitzen, wird der Stuhl einfach in die Mitte gestellt und dann gibt es kein Links und Rechts mehr ;-) Die Chefs wird es freuen. Und wir sollten uns schon mal gute Konditionen sichern! Also macht euch jetzt nicht mehr verrückt, dass regeln andere für uns... Genießt das Zwei Mann Cockpit noch!!! Aber heute fliegt vorsichtig! Es ist windig!!![Diese Nachricht wurde von carlosair am 02-28-2010 editiert.] |
Betto Experienced Board Captain
|
erstellt am: 03-01-2010 06:06 AM
Ein 40-jähriger mit einschlägiger Berufserfahrung wird sich in einer anderen Industrie bei hochqualifizierten Jobs kaum von 20-jährigen ausbooten lassen müssen. Mir ist keine andere Branche bekannt, die so sehr in ihr Silo verliebt ist. Wenn man nicht betroffen ist, kann einen eine solche Diskussion über Seniorität schon sehr "beömmeln". Die Seniorität verhindert vor allem eins: Marktwirtschaft. Ein "Markt" existiert nur, wo Austausch und Handel geschehen. Und das wird mit der Seniorität über die Angst vor dem Sozialabstieg (beim Wechsel) wirksam unterdrückt. Also hilft die Seniorität vor allem den Gutverdienern. Und der Geschäftsleitung (!). Und alle anderen singen im Chor, weil sie sich doch schon so lange in der Schlange angestellt haben und bald dran sind... |
B763 Experienced Board Captain
|
erstellt am: 03-01-2010 07:41 AM
Hallo zusammen...Betto, was möchtest Du? Marktwirtschaft in den Cockpits? Dann, liebe Kollegen, wenn wir wirklich marktwirtschaftliche Verhältnisse in den Cockpits fordern, sind die Zeiten nah, an denen wir tatsächlich nur das tanken, was auf dem OFP hinter PLNTOF steht, wo wir in puncto Flight Safety und Training nur das erhalten, was an absolutem Minimum vom Gesetz gefordert wird, wo wir uns jeden Go Around 10mal überlegen und diesen danach reporten müssen, usw. und so fort. Ich persönlich bin froh, dass der marktwirtschaftliche Gedanke in der Fliegerei (jedenfalls in meiner Firma) zwar konsequent beherzigt wird, aber nur bis zu einem ganz genau definierten Punkt... Fordern wir ein komplettes Spiegelbild der freien Marktwirtschaft mit allen daraus entstehenden Konsequenzen für unsere Berufsgruppe, werden Folgen enstehen, auf Grund derer ich dieser ab dann nicht mehr angehören möchte. Die Firmenseniorität hat soviele gute Gründe, für mich ist diese unantastbar! Viele Grüsse... |